Mittwoch, 03. Februar 2010
Eigentlich wollte ich diesen Blog noch nicht starten, aber jetzt mache ich es doch schon. Ich habe mich entschlossen, meinen “Lebensmittelpunkt” nach Australien zu verlagern. Im Mai letzten Jahres bekam ich das Visum, während meiner Australienreise im letzten November reifte die Entscheidung, dass ich eine Zeitlang in Australien leben und arbeiten möchte. Die Zeit ist reif für einen “Tapetenwechsel”. Wenn man eine solche Entscheidung trifft, hat das notwendigerweise einige sehr praktische Konsequenzen zur Folge. Die Wohnung muss aufgelöst werden, Möbel und Dinge, die man behalten möchte, werden eingelagert (solange man noch keine neue feste Adresse in Down Under hat), das Fahrzeug soll verkauft werden, eine neue Unterkunft in Australien soll gefunden werden, vom neuen Job ganz zu schweigen. Und das ist heute der Status quo: die Wohnung ist leergeräumt, die Maler sind am Werk, am Freitag kommt der Installateur, das Inserat im Immobilienteil der Süddeutschen Zeitung ist aufgegeben, der Service-Termin für das Auto ist vereinbart, die ersten versicherungstechnischen Dinge sind geregelt, der letzte Zahnarzttermin in der Noch-Heimat ist im Kalender eingetragen. Der Flug ist gebucht – und immer noch habe ich keine neue Wohnung und keinen neuen Job in Australien… ich muss verrückt sein!
Montag, 15. Februar 2010
Es ist wieder Zeit für einen Update von “Beni goes Australia” (inoffizieller Titel dieses Blogs von Jens…), obwohl sich eigentlich nicht so wahnsinnig viel in der Zwischenzeit getan hat. Seit dem die Wohnungsanzeige in der Süddeutschen veröffentlicht wurde, gab es ungefähr 200 Anrufe, von Privatinteressenten und vor allem auch von Maklern. Es ist nicht einfach, eine Wohnung an den richtigen Mann oder die richtige Frau zu bringen. Mal stimmt die Position der Wand nicht, mal soll es die 3. und nicht die 1. Etage sein, der Balkon ist zu klein, die Fliese zu grau, das Vogelgezwitscher zu laut. Wie sagte eine (übrigens sehr nette) Interessentin, fast in einem Anflug von Selbstkritik: “Irgendetwas ist ja immer.”.
Und doch, ich habe die letzte Woche viel Zeit in meiner inzwischen leeren Wohnung verbracht, vor allem auch über die Mittagsstunden. Mir ist bewusst geworden, warum ich sie von Anfang an mochte. Sie ist sehr hell, absolut ruhig, grün (außen, nicht innen…), und sie hat die ideale Zimmeraufteilung für mich. Wenn man sich bei einer Wohnung für eine wirklich gute Zeit bedanken könnte, würde ich das jetzt tun. Mir ist bewusst geworden, das ich so viel Wohnqualität zu einem solchen Preis in München wahrscheinlich nicht mehr wiederfinden würde, wenn ich denn nach München zurückkehren sollte. Alles ist im Moment ein Abschied auf Raten, und das ist auch gut so. Ich habe Zeit, mich von einer wunderschönen Stadt zu verabschieden, in der ich wirklich gute Jahre verbracht habe. Es gab immer Schatten- und Lichtseiten, gut und schlecht, glücklich und traurig, Betriebsamkeit und Einsamkeit, aber es sind alles in allem wirklich gute Jahre mit wertvollen beruflichen und privaten Erfahrungen gewesen. Es ist jetzt vielleicht die Zeit für einen Rückblick, und es kommt natürlich auch Sentimentalität hoch.
Für die wichtigen “Meilensteine” habe ich mir einen Zeitplan definiert, den ich auch unter allen Umständen einhalten möchte, so lange nichts gravierendes dazwischen kommt: Abflug von München am 18. März, Aufenthalt in Bangkok 19.-21. März, Ankunft in Brisbane am 22. März. Hotelunterkunft in Brisbane 22.-31. März. Und während dieser ersten Woche in Brisbane möchte ich eine möblierte Wohnung finden, meine Steuernummer und Medicare beantragen, evtl. meinen australischen Führerschein beantragen und Kontakt zu der “Recruitment Coaching Agency” aufnehmen, die mich auch hier in München betreut hat. Die vielen Jahre des Projektmanagements haben mich eben doch geprägt 🙂
So, und jetzt hoffen wir, dass die Temperaturen endlich über (plus!) 5°C steigen, damit die Fenster in der Wohnung auch noch ausgetauscht werden können. Apropos Winter: mir ist aufgefallen, dass ich dieses Jahr den wohl längsten Winter meines Lebens erleben werde. Ich nehme quasi den deutschen und dann fast nahtlos den australischen Winter mit. Das beruhigende an der Sache ist, dass der Winter in Brisbane mit Durchschnittstemperaturen von 10-20°C doch recht moderat ausfällt. Und davon könnte sich der Winter in München jetzt wirklich mal eine Scheibe (auch wenn es nur eine ganz dünne ist) abschneiden!
Donnerstag, 18. März 2010
Der Tag der Abreise! Ich kann es noch immer nicht so richtig glauben, aber heute abend geht es los, über Bangkok nach Brisbane. Das Projekt “Vorbereitung einer Emigration” ist abgeschlossen. Die Wohnung hat einen neuen Bewohner gefunden, alle Koffer sind gepackt – und ich habe sie sogar zubekommen. Es ist ein seltsames Gefühl: ein One-Way Ticket nach Australien, und kein angemeldeter Wohnort mehr hier in Deutschland. Mal sehen, wir lange das Abenteuer währt.
Die letzten Wochen waren geprägt durch Abschiede, von der Familie in Hamburg, Berlin, Herrsching und Hannover, von Freunden und Ex-Kollegen, von einer Stadt, in der ich über 11 Jahre sehr gerne gelebt habe. Aber ich fliege nicht auf einen anderen Planeten, geographische Distanzen haben sich im Internet-Zeitalter relativiert. “Mal eben auf einen Kaffee vorbeikommen” oder sich spontan verabreden wird es allerdings mit meinen Freunden hier für eine längere Zeit nicht geben.
In München ist es endlich frühlingshaft warm geworden, die Sonne scheint, die Menschen sind wieder draußen in den Straßen, auf den Plätzen, man flaniert wieder oder lässt sich ein Bier oder einen Kaffee in den zahlreichen Cafés und Biergärten schmecken. Ich weiß, dass es hier sehr bald sehr grün werden wird, es wird gerade im April und im Mai wunderschön blühen. Ich werde all dieses sehr vermissen. Aber jetzt geht es los, in das Land auf der anderen Seite des Planeten, ich bin gespannt auf das, was mich dort erwartet. Ich freue mich!
19.-21. März 2010
Bangkok: Rothemden, Pracht und kleine Tricksereien…
Der Flug mit Thai Airways in der Business Class war äußerst angenehm, ich konnte hin und wieder ein bisschen schlafen, wenn die Turbulenzen mich nicht immer wieder wachgerüttelt hätten. Der Service ist aufmerksam, das Essen passabel, der Nachbar ein interessanter Gesprächspartner (Friseur, der anscheinend durch Handel mit Perücken, Handys und anderen Dingen zu einigem Wohlstand gekommen ist). Ein Fahrer des Hotels holt mich in einer Limousine einer Stuttgarter Automanufaktur vom Flughafen ab. Wenn man neu in einem Land, in einer Gegend, in einer Stadt ist, dann ist eben – alles neu! Und man guckt während der Fahrt die ganze Zeit aus dem Fenster, während die Häuser an einem vorbeiziehen. Das Hotel (Chatrium Suites) ist super, sehr elegant, nicht thailändisch-opulent sondern eher sehr geschmackvoll schlicht und modern. Ich bekomme ein sehr schönes Zimmer im 29. Stock mit einer fantastischen Aussicht über Fluß und Stadt. Das ist ein Empfang!
Abends noch Fahrt zum “Night Market”, dort hat man mir ein gutes Fischrestaurant empfohlen. Das Essen ist gut, und alle Gänge, die zwischen Appetizer und Dessert liegen, werden gleichzeitig auf den Tisch gestellt. Ich bin überrascht, wie vertraut mir alles schmeckt, die thailändischen Restaurants in Deutschland sind doch ziemlich authentisch (was man von den chinesischen überhaupt nicht sagen kann). Zum Essen schmeckt thailändisches Bier.
Samstag Fahrt mit dem Boot über den Fluß entlang zum Königspalat, dem “Grand Palace”. Der ist angeblich wg. eines speziellen Tag des Buddhas geschlossen, allerdings hat nebenan der Tempel mit dem riesigen liegenden Buddha geöffnet. Das ist schon sehr beeindruckend und mit Worten hier kaum zu beschreiben. Am Ausgang fängt mich ein “Touristenführer” ab und erklärt mir, dass man doch heute sehr schön und sehr preiswert mit den kleinen 3-rädrigen Taxis (Tuck-Tucks) durch die Stadt fahren und sich ein paar weitere Sehenswürdigkeiten anschauen könnte. Die Fahrt soll nur 50 Baht kosten. Ich bin überredet und wir fahren also los. Das Ding hatte natürlich einen klitzekleinen Haken: der Fahrer bekam von verschiedenen Geschäften (Schmuck, Kleidung etc.) Benzingutscheine geschenkt, wenn er seine Passagiere dort ablud und diese ein paar Minuten in den Geschäften verweilten. OK, naiv wie ich nun mal bin, habe ich das bei einem Geschäft mitgemacht (ich wollte bei dem geringen Fahrpreis auch ein bisschen entgegenkommend sein), als ich aber nach dem letzten Tempel direkt zum Bootsanleger gebracht werden wollte, meinte der Taxifahrer, wir müssten, jetzt noch drei weitere Geschäfte anfahren, damit er seine Benzingutscheine bekäme. Ich lehnte entschieden ab, und als er mich dann noch auf der Rückfahrt mitten durch das Zentrum der Demonstrationen der “Rothemden” fuhr (der Platz war aber glücklicherweise von den Demonstranten, die sich auf einem “Zug durch die Gemeinde” befanden, fast verlassen), wurde das geschäftliche Verhältnis zwischen uns eher unfreundlich. Ich kann es allerdings auch nicht besonders leiden, wenn man mir während meines Urlaubs vorschreibt, in welchem Geschäft ich mich wie lange aufzuhalten habe (vor allem dann nicht, wenn ich überhaupt nichts kaufen möchte).
Am Sonntag dann doch noch Besuch des “Grand Palace”, natürlich nicht ohne ein paar Schwierigkeiten, wäre doch gelacht… Vor dem Tor auf der rechten Seite sagte man mir, hier wäre geschlossen, ich solle zur anderen Seite gehen. Auf der anderen Seite war auch geschlossen, aber ein freundlicher “Reiseführer” sagte, hier würde in anderthalb Stunden aufgemacht werden, ich müsste nur warten und ausserdem wollte er mir noch etwas anderes zeigen. Nach meiner Erfahrung vom Vortag habe ich dankend abgelehnt, bin auf die gegenüberliegende Straßenseite in ein Café gegangen, welches von den “Navy Wives” geführt wurde. Hier beschied man mir, dass der Palast natürlich geöffnet sei, ich müsse nur zur dritten Seite des Palastes gehen. Ich also zur dritten Seite, wieder ein geschlossenes Tor, eine “Touristenführerin” erläuterte mir, dass heute ein spezieller “Tag des Buddhas” wäre, und der Palast würde erst morgen wieder öffnen. Sie haben morgen keine Zeit, weil Sie dann nicht mehr in der Stadt sind? Dann zeige ich Ihnen auf dem Stadtplan, wo ein offener Eingang zu finden ist (sie malte irgendetwas auf meinem Stadtplan mit eher grobem Maßstab ein). Der eigentliche, und natürlich geöffnete Haupteingang lag nur 100m in Sichtweite entfernt, die Touristen gingen locker und in Scharen ein und aus. Bin ich hier im falschen Film??? Von wegen geschlossen, kommen Sie morgen wieder, heute ist “Buddha Day”! Beim Haupteingang besagte ein Schild, dass die Palastanlage jeden Tag von morgens bis abends geöffnet ist. So. Ich habe diese Palastanlage und den “Schrein des Smaragd-Buddhas” also doch noch besichtigen können. Und es war unglaublich (schön)! Die gesamte Anlage ist das allerprächtigste, was ich je in meinem ganzen bisherigen Leben gesehen habe. Alles Gold, alles kunstfertigst geschnitzt, es gleißt und funkelt in der Sonne. Die Wände sind bemalt, mit Kacheln dekoriert, vergoldet, mit Edelsteinen besetzt – eine einzige Augenweide! Mehr kann man hier gar nicht schreiben, ich bin froh, dass ich das sehen durfte.
Nach diesem Erlebnis Spaziergang durch die nahegelegene Altstadt, vielleicht ein paar hundert Meter vorbei an einem weiteren Kundgebungsplatz der “Rothemden”. Auf dem Rückweg zum Hotel meinte der Taxifahrer, mir noch ungewollt eine kleine Besichtigungstour auf der anderen Seite des Flusses geben zu müssen. Der Taxameter läuft und läuft… Überhaupt ist die Verständigung mit den Taxifahrern einfach schwer. Ich behaupte hier an dieser Stelle politisch völlig inkorrekt, dass sie europäisch- oder amerikanisch-aussehende Touristen per se bescheißen wollen. Dabei sprechen die Taxifahrer kaum englisch, und wenn man ihnen den Stadtplan unter die Nase hält, auf dem das Hotel eingezeichnet ist, schauen sie so verständnislos, als wenn man ihnen das moderne Gemälde eines unbekannten Künstlers präsentieren würde. Der Vollständigkeit halber muss ich dazu sagen, dass meine völlig mangelhafte Aussprache des thailändischen nicht gerade förderlich war. Ich war jedoch froh, als wir es dann doch zum Hotel zurückgeschafft hatten. Statt umgerechnet 2 EUR habe ich 3 EUR für die Fahrt bezahlt, was soll’s. Ich kann mich daran erinnern, dass mich meine erste Reise nach Indien noch viel mehr genervt hatte, und bei meinem zweiten Aufenthalt war ich dann völlig cool (weil mental vorbereitet). Vielleicht ergeht es mir mit Thailand ähnlich. Jetzt bin ich aber am Flughafen, genieße ein paar ruhige Stunden in der Lounge und bin gespannt auf meine Ankunft in meiner neuen Wahlheimat.